7. September , Melide
Ich habe heute Morgen einen guten Start in den Tag und verlasse als erster die Unterkunft. Mein Tatendrang wird aber jäh gebremst denn ich verlaufe mich mal wieder. Das ist eines der Probleme, wenn man als erster unterwegs ist ... man hat niemanden dem man folgen kann.
Zum Glück komme ich an einer Tankstelle vorbei, wo ich nach dem weg frage. Zu meinem großen Glück bin ich parallel zum Camino gelaufen und so ist es nicht ganz so schlimm.
Nachdem ich den Pfad wieder gefunden habe lasse ich die Ortschaft hinter mir und tauche wieder ein in die wunderschöne Galicische Landschaft.
Zum Glück funktioniert mein Plan zwischen den Etappen zu laufen Sodas nicht all zu viele von den "Letzten 100" meinen weg kreuzen.
Auch mein Problem mit den Wanzenstichen wird jeden Tag besser. Es juckt zwar nach wie vor schlimm aber das kann man in den Hintergrund drängen.
So gegen Mittag komme ich an einer Bar vorbei auf dessen Schild steht ( wörtlich )
Die Zwei Teutschen.( und darunter )
Wir spreken Teutsch
Das ist so auffällig das ich einen Blick auf die Karte werfen muss. Bei Gott die führen Erdinger Weizen . Noch bevor ich weiss wie mir geschieht steh ich schon an der Theke und greif dem Barkeeper am Kragen. Ich zieh seinem Kopf mit meinen fäusten zu meinem Gesicht und stammle mit meinen ausgetrockneten Lippen nur ein Wort : Colaweizen. Leider ist mein Wunsch kaum mehr als ein krächzen zu vernehmen und ich wiederhole ihn nochmals . Diesmal speie ich dem Barkeeper meinem Wunsch richtig ins Gesicht : COLAWEIZEN. Der gute Mann nickt nur verständnisvoll und begibt sich an seine Arbeit um mir mein Getränk zu mixen. Bei Gott nach dieser endlossen Parade an Radlerhalben die ich mir selbst mischen musste bekomme ich mein erstes Colaweizen ohne erklären zu müssen was das ist. Voller zuversicht das meine Bestellung in guten händen ist habe ich den Barkeeper aus den Augen gelassen und statt dessen die Einrichtung der Spelunke bewundert. Das war ein Fehler. Da hatt doch der vollpfosten von einem Barkeeper zuerst das Cola eingeschenkt und dann das Weizen . Aber zumindest wurde es in einem Weizenglas serviert. Ich sehe das Trauerspiel , schließe die Augen und kippe den Müll in einem Zug in mich hinein. Der Mensch hinter der Bar betrachtet mich erstaunt während ich das tue. Nachdem dieses unwürdige gesöff in meinem Magen ist stehe ich auf und begebe mich zum erstaunen des Spanjokels hinter die Bar und mixe nach etwas suche in den Kühlschränken ein richtiges Colaweizen. Erst Weizen dann Cola. Ich präsentiere ihm das ergebniß und deute aufs Glas . Ich gestikuliere bei der unteren Hälfte Weizen und bei der oberen Cola. Ich glaube soweit hat es der Spanier noch verstanden aber als mein Blick auf eine Flasche Kirschlikör viel und ich das auch noch in einem guten teil beigefügt hatte wars vorbei. Was a Colaweizen ist hat er ja noch kapiert aber mit meiner Goaßhalbe war er dann doch übervordert (
http://de.wikipedia.org/wiki/Goa%C3%9F )
Das einzige was mir an diesem Tag noch auf das Gemüt schlägt sind die Kilometersteine die die Entfernung nach Santiago angeben und die alle 500 Meter stehen. Ich meine es macht mir nicht viel aus einen ganzen Tag zu laufen um am Abend eine Distanz X gegangen zu sein aber mit den Steinen zählt man ganz unwillkürlich mit. Ganz unterbewusst addiert man jeden Stein und denkt sich ...mein Gott bin ich langsam. Das geht etwas auf die nerven aber ich lenke mich etwas davon ab weil ich heute an einem ganz besonderen Kilometerstein vorbei komme und ich mir schon ausmale wie ich das zelebrieren werde.
Nach einer schier endlosen Parade von Steinen ist es endlich so weit und ich stehe vor ihm :
Bild siehe Unten
Zur Erklärung : Dieser Spezielle Stein steht laut meinen Berechnungen genau 700 km von meinem Startpunkt im Pamplona entfernt. Ein unbeschreibliches Gefühl von Stolz und Freude erfüllt mich während ich den Stein photographiere und mir von vorbeiziehenden Pilgern gratuliert wird.
Nachdem ich meine Sachen wieder zusammengepackt habe und den Stein ein letztes mal umarmte begebe ich mich weiter Richtung Santiago das von hier aus ja nur noch 29,5 km entfernt ist.
Jeder Schritt den ich Richtung Ziel mache macht mich ein Stück trauriger, denn egal was passiert, morgen wird meine Reise enden.
Während ich so trübsinnig weiterlaufe entscheide ich mich den alten Pilgerbrauch zu folgen und zum Atlantik zu Wandern so kann ich noch 3 Tage länger abschied nehmen von meiner Pilgerreise.
Da es vor Santiago nur noch 2 Herbergen gibt und die 2te mir zu weit ist muss ich heute leider in einer riesigen Herberge übernachten. Nachdem ich mir ein Bett reserviert hatte und meine Klamotten gewaschen habe beschloss ich in der nächst besten Bar einen drauf zu machen.
Zufällig traf ich den einen Typen aus Niederbayern wieder der mit seiner Gruppe an einem Tisch saß. Nachdem ich mich dazu setzte und mit ihnen einiges Trank musste ich leider feststellen das ich es mit seltsamen Menschen zu tun hatte und so beschloss ich heute früh ins Bett zu gehen.
Vor der Unterkunft sah ich allerdings eine Frau die an eine Art Karren angespannt war. Da sie sich auf Deutsch mit jemanden unterhielt hörte ich etwas zu, bevor ich mich selbst ins Gespräch einmischte. Sie sagte ihr Name wäre Klarissa, sie wäre 42 und aus Österreich. Auf meine frage, warum sie denn die Handkarre bei sich hätte erzählte sie mir das sie schon seit 11 Monaten unterwegs ist und sich jetzt auf dem Weg nach Hause befindet. Natürlich genauso wie sie hergekommen ist, nämlich zu Fuß. Die gute Frau hat die komplette Iberische Halbinsel zu Fuß umrundet. Nach einem kurzen sprachlosen Moment meinerseits kommen wir ins Gespräch und unterhalten uns recht interessant. Schon Wahnsinn was sie alles zu erzählen hat. Spontan bitte ich sie mit mir ein Photo zu machen.
Nachdem es leider schon ziemlich spät geworden ist und uns der Hospilero auffordert endlich schlafen zu gehen trennten wir uns. Schade, ich hätte mich gerne noch weiter mit ihr unterhalten.
An diesem Tag gelaufen 34,3 km